Noch einen km am Tiergarten entlang, dann links herum, an der
   Urania vorbei,
   und nach der nächsten Rechtskurve nähern wir uns der berühmten Einkaufs- und Schlemmermeile
   des früheren West-Berlin.
  
  Der U-Bahnhof Wittenbergplatz gehörte zu den Gründerzeit-Stationen
  der ältesten deutschen U-Bahn, die 1902 zwischen Stralauer Tor und Zoologischem Garten ihren Betrieb begann;
   11 Jahre später war dann auch das Eingangsgebäude fertiggestellt, sicher nicht nur
   das repräsentativste sondern auch eines der schönsten des gesamten Berliner U-Bahn-Netzes.
   Prunkvoll und mächtig dahinter das größte Kaufhaus Kontinentaleuropas -
   nur Harrod's in der britischen Hauptstadt kann noch mehr Verkaufsfläche vorweisen -
   das 1907 eröffnete "Kaufhaus des Westens" (KaDeWe).
   
   Täglich besuchen bis zu 50 000 Kunden den Konsumtempel,
    40 % von ihnen sind zahlungskräftige Touristen.
   Ich verzichte vorerst auf einen Bummel über die Fläche von neun Fußballfeldern voller
   Regale und Vitrinen,
   verteilt auf sieben Etagen,
   und bewege mich zusehends dichter auf eine laute Ecke nahe des
   Europacenters zu -
   beschallt von zahlreichen Lautsprecherboxen an
   einer großen Bühne wurde hier der Startbereich
   für die ca. 2000 10km-Nike-Challenge-Läufer aufgebaut. Sie werden sich ohne Zeitnahme in wenigen Minuten
   auf gleicher Strecke denjenigen von uns Langstrecklern anschließen,
   die dann gerade ihre ersten 15 km zurückgelegt haben.
   Hier sind wieder richtig viele Schlachtenbummler an der Strecke versammelt,
    
   es wird gepfiffen, getrötet, getrommelt und geklatscht,
   und sowohl die Anzahl wie auch die Begeisterung
   der Menschen hält den ganzen Boulevard hinunter auf einem respektablen Niveau an -
   auch beim Berlin-Marathon gehören Kudamm und der Bereich um die
   Gedächtniskirche herum
   zu den Streckenabschnitten, die wegen der zahlreichen anfeuernden Zuschauer
   am meisten Spaß machen.
   Bis 2002 war hier noch der Zieleinlauf des Berlin-Marathons,
   der Jubel auf der zwei km langen Zielgeraden kannte kaum Grenzen.
   Wer nicht mehr Laufen konnte, wurde von der Begeisterung gleichsam ins Ziel getragen.
   Heute, da nach der Streckenänderung von 2003 der letzte km durch das Brandenburger Tor führt, tanken die Marathonis
   dank der Kudamm-Stimmung hier noch einmal Motivation für die letzten acht km.
   Es geht nun also zügig und mit neuem Elan die Einkaufsmeile hinab,
   rechts in die Leibnizstraße, dann wieder links in die Kantstraße, und man stellt
   fest, dass die Schritte immer schwerfälliger werden, dass die
   Anstrengung zusehends steigt.
    Zum Teil ist das sicherlich darauf zurückzuführen, dass der Läufer nun schon seine 20 km
   zurückgelegt hat und die Beine müde,
    
   die Energiereserven weniger werden.
   Es kommt hier aber
   noch eine Besonderheit dieser 25 km-Strecke hinzu:
   es ging vom Start weg auf den ersten 5 km immer leicht bergab. Wunderte man sich
   hier eventuell über die unerwartet flotten Zwischenzeiten, so muss man jetzt die
   zu Anfang geschenkt bekommenen Höhenmeter wieder aufholen. Das letzte Stück der Kantstraße
   geht immer leicht bergan - 25 m sind auf einer Distanz von 1500 m zu erklimmen.
   Man sieht es vielleicht nicht so deutlich auf diesem Foto,
   der Körper aber läßt sich nicht täuschen, und  Muskeln und Puls lassen es
   zweifelsfrei spüren.
   Zudem fehlen jetzt auf der rechten Fahrbahn, der Laufseite, die Schatten der
   Alleebäume.   
Es ist 12 Uhr mittags, high noon, die Sonne steht hoch und heiß am Himmel,
   das Thermometer zeigt 25° C, kaum Wind.
   Wir sind froh, als wir den Gipfelpunkt der Brücke erreichen, die uns über die schon
   auf dem Hinweg überquerte Stadtautobahn leitet. Ein Blick nach links:
   1977 kam George Lukas' "Star Wars" in die Kinos, zwei Jahre später hatten wir Berliner den Eindruck,
   das Flaggschiff des galaktischen Imperiums sei zwischen Westkreuz und Messe-Gelände
   direkt neben der Avus gelandet:
   Das ICC, das Internationale Congress Centrum,
   
    schickte
   uns einen architektonischen Gruß aus der fernen Zukunft,
    für den eine knappe Milliarde harter D-Mark verbaut worden war.   
 Etwas rechts davon, mehr in Laufrichtung, ragt der alte Westberliner Funkturm zwischen den
   Messehallen in die Höhe,  noch weiter rechts das runde Gebäude ist der Eingangsbereich zum
   Messegelände. Genau dorthin muss gehen, wer im September rechtzeitig seine
   Startunterlagen für den Berlin-Marathon abholen oder über
   die gleichzeitig stattfindende Sportmesse bummeln will. 
   Wir überqueren zum zweiten Mal an diesem Tag den Theodor-Heuss-Platz und biegen
   ein in die Heerstraße, die Verlängerung des Kaiserdamms in westlicher Richtung.
   Nur noch ein paar hundert Meter, und wir passieren den Punkt,
   an dem Matten für die Zeitmessung ausliegen. Nach 21,0975 km der Strecke
   wird hier die Halbmarathon-Zeit separat genommen und ist damit auch bestenlistentauglich.
   Wir lassen es einmal piepen, laufen weiter, und freuen uns zusehends auf das Finale.
   

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